Dokument Nr. 5
1. Die russlanddeutschen Geistlichen in der internationalen Diplomatie
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts (PA AA), R 61668
Datum: 20. Mai 1927
Empfänger: Auswärtiges Amt
Inhalt: Im Mai 1927 gibt es laut Deutscher Botschaft in Moskau keinen Bischof mehr, aber zwei Apostolische Administratoren mit französischer Staatsangehörigkeit. Gerüchte, dass für die deutschen Kolonisten in Südrussland ein weiterer Administrator ernannt werden soll.
A U F Z E I C H N U N G .
Zur Frage der katholischen Kirche in der Union der S.S.R. habe ich folgendes erfahren:
Ein Oberhaupt der Katholischen Kirche ist in der Union nicht vorhanden. Katholische Bischöfe befinden sich nicht mehr in Russland. Es gibt lediglich Administratoren, die dem Heiligen Stuhl unterstehen.
Solche Administratoren sind Monseigneur Neveu in Moskau und Monseigneur Amodrieux [Amoudru] in Leningrad. Beide sind französische Staatsangehörige. Angeblich besteht die Absicht, für Südrussland und zwar für die Seelsorge der dortigen deutschstämmigen Kolonisten einen weiteren Administrator zu bestellen.
Monseigneur Neveu celebriert in der sogenannten französischen Kirche in Moskau, Malaja Lubjanka. (Paroisse St. Louis). Er äusserte sich über die Lage der katholischen Kirche in Russland äusserst pessimistisch. Seit Januar dieses Jahres sind rund 12 katholische Priester (Sowjet-Bürger) verhaftet worden. Neveu selbst war wiederholt verhaftet und verdankt seine hiesige Existenz nach seinen Worten lediglich dem Rückhalt, den er an der Französischen Botschaft in Moskau hat.
Zur Frage nach der Errichtung eines katholischen Priester-Seminars in Russland habe sich Neveu dahin geäußert, dass er den Zeitpunkt hierfür noch lange nicht für gekommen erachtet.
Moskau, den 20. Mai 1927 |