Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922–1941

Quellen-Datenbank

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Dokument Nr. 31

3. Die Administration der evangelischen Kirche

Evangelisches Zentralarchiv (EZA),
5/1128

Datum: 12. Januar 1926
Verfasser: D. Rendtorff, Centralverband des Evangelischen Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung
Empfänger: Deutscher Evangelischer Kirchenausschuss
Inhalt: Geheimrat D. Rendtorff berichtet dem Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss im Januar 1926 über die Eröffnung eines Predigerseminars in St. Petersburg 1925. Bisher fehlen noch finanzielle Mittel, Bücher und neue Mitarbeiter, da viele Geistliche krank und alt sind. Die Sowjetregierung verhalte sich wohlwollend.

Centralverband des Evangelischen Vereins der Gustav Adolf-Stiftung
 
Leipzig, den 12. Januar 1926
 
An den Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss
 
Unter Bezugnahme auf die Zuschrift vom 12.3.25 K.A. 478 beehren wir uns folgende uns kürzlich zugegangene Nachrichten aus Russland für die Centralstelle der deutschen Russlandhilfe und zum Austausch mit den beteiligten Stellen vertraulich mitzuteilen:
Das Predigerseminar in Petersburg wurde am 15. September 1925 in Gegenwart des deutschen Generalkonsuls und des aus Anlass des russischen Akademiejubiläums in Russland weilenden Professor Grützmacher – Münster feierlich eröffnet. Er zählt 24 Zöglinge, die mit grossem Eifer an der Arbeit sind, aber durch den Mangel an Vorbildung stark behindert werden. Die geldlichen Sorgen sind durch Spenden des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses, des Gustav Adolf-Vereins und der Zentralstelle für kirchliche Hilfe in Zürich wenigstens vorläufig notdürftig behoben. Ein grosser Mangel liegt jedoch an Lehrbüchern vor. Zwar konnten mehrere Büchereien verstorbener oder verzogener Pastoren für das Seminar erworben und in die Bibliothek eingestellt werden, aber das sind alles ältere Werke. Von neueren Ausgaben sind im Seminar nur die sechs von Herrn Geheimrat D. Rendtorff gewidmeten Bücher vorhanden. Die Sowjet-Behörde steht dem Seminar nicht unfreundlich gegenüber, hat vielmehr den nach 3 Monaten erstatteten Bericht verhältnismässig wohlwollend entgegengenommen. Herr Bischof Malmgren fügt seinem Bericht hinzu: Es ist hohe Zeit, dass Ablösung kommt und wir entlastet werden. Er weist auf die schwere Erkrankung des Bischofs Meyer – Moskau hin, der am 1. Advent nach beendigtem Gottesdienst von schwerem Herzkrampf befallen wurde. Herr Bischof Meyer ist jetzt leidlich wieder hergestellt. Ein anderer überaus tragischer Fall hat dem Gustav Adolf-Verein zum Eingreifen Anlass gegeben. Der Pastor Baschwitz in Kursk ist körperlich und geistig so vollkommen zusammengebrochen, dass er eigentlich völlig unfähig ist, sein Amt weiterzuführen. Dennoch lässt sich seine Emeritierung nicht ausführen, weil das bei dem Mangel jeder Unterhaltsmöglichkeit dem Hungertode gleichzusetzen wäre, auch würde der Bischof gegenwärtig nicht im Stande sein, seine Stelle anderweit zu besetzen.
Durch ein Zusammenwirken des Gustav Adolf-Vereins mit dem Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss war es möglich, die 8 000 M aufzubringen, die zur Wiedereinrichtung des gottesdienstlichen Lebens an der Michaelisgemeinde zu Moskau erforderlich waren. Näheres hierüber findet sich in der Zeitschrift „Die evangelische Diaspora“ Heft 3/1925, Seite 214.
Auch der lutherischen Gemeinde in Wladiwostok konnte durch eine beträchtliche Darreichung die Möglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer kirchlichen Versorgung und sogar die der Heizung ihrer Kirche während des Winters beschafft werden.
 
gez. D. Rendtorff

Empfohlene Zitierweise:
Dokument Nr. 31, in: Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922-1941. Quellen-Datenbank. Hrsg. von Katrin Boeckh und Emília Hrabovec. URL: http://www.konnetz.ios-regensburg.de/dokumenteview.php?ID=31, abgerufen am: 28.03.2024.
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